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Einführung von einheitlicher Schulkleidung an Hamburger Schulen

Als pdf: 16/5214 | Einführung von einheitlicher Schulkleidung an Hamburger Schulen (Schriftliche Kleine Anfrage)


BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG 16. Wahlperiode

Drucksache

16/5214
12. 12. 00

Schriftliche Kleine Anfrage
des Abgeordneten Klaus-Peter Hesse (CDU) vom 05. 12. 00 und

Antwort des Senats

Betr.: Einführung von einheitlicher Schulkleidung an Hamburger Schulen
Hamburger Schülerinnen und Schüler stehen häufig unter dem Druck, teure Markenkleidung tragen zu müssen, um Anerkennung bei Mitschülern zu erhalten. Diejenigen, die sich die gefragten Markenartikel nicht leisten können, finden selten Akzeptanz in ihrer Klasse und leiden deshalb oft unter Ausgrenzung. Das Tragen von Markenkleidung führt außerdem zum so genannten Abziehen, d.h. dem Rauben der Kleidung auf dem Schulweg. Nach einer repräsentativen Untersuchung des Kriminologen Christian Pfeiffer hat jeder dritte Hamburger Neuntklässler Angst vor dem „Abziehen“. 36 Prozent der fünfzehnjährigen Schülerinnen und Schüler geben an, bereits Opfer von Gewalttaten geworden zu sein. In der Klasse 5b der Haupt- und Realschule Hamburg-Sinstorf tragen die zehn- bis zwölfjährigen Kinder seit September dieses Jahres im Unterricht einheitliche Pullover mit dem aufgedruckten Logo ihrer Schule. Nach ersten Erfahrungen soll die Wirkung der einheitlichen Schulkleidung viel weitreichender als von Eltern und Lehrern vermutet sein. So soll es in der Klasse ruhiger geworden sein, und im Mittelpunkt des vormittäglichen Geschehens stünden wieder mehr die Unterrichtsinhalte. Ich frage den Senat: 1. Wurde der Senat vor Einführung der einheitlichen Schulkleidung an der Haupt- und Realschule Sinstorf befragt? Wenn ja, was für eine Stellungnahme hat er abgegeben? Nein. Dazu bestand im Übrigen keine Veranlassung. 2. An der Schule Sinstorf haben sich der Elternrat, die Klassenlehrerin der 5b und viele Schüler für die Einführung von einheitlicher Schulkleidung entschieden. Stellt der Senat jeder Schule bzw. jeder Klasse frei, ob sie einheitliche Schulkleidung einführen darf? Wenn ja, unter welchen Bedingungen? 3. Stehen der Einführung einheitlicher Schulkleidung gesetzliche Regelungen (insbesondere Hamburger Schulgesetz und Grundrechte wie z.B. Ar tikel 2 I Grundgesetz) entgegen? a) Wenn ja, warum? b) Wenn nein, warum nicht? Verabredet eine Klasse oder Schule, dass ihre Schülerinnen und Schüler in Zukunft einheitlich gekleidet die Schule besuchen, steht dem rechtlich und pädagogisch nichts entgegen. Lehrkräfte und Schulleitungen haben im Rahmen ihrer Verantwortung für das Geschehen in der Schule dafür zu sorgen, dass kein unzulässiger Druck auf solche Schülerinnen und Schüler oder Eltern ausgeübt wird, die in dieser Frage andere Vorstellungen haben. Die Freiheit, sich im Rahmen des Anstandes zu kleiden, wie man möchte, ist Teil der allgemeinen Handlungsfreiheit, die Artikel 2 Absatz 1 Grundgesetz den Bürgerinnen und Bürgern garantiert. Dieses Grundrecht wird durch das Hamburgische Schulgesetz nicht berühr t.

Bürgerschaftsdrucksachen – außer Senatsvorlagen – sind – gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Papier – zu beziehen bei: Druckerei Wartenberg & Söhne GmbH, Theodorstraße 41 w, 22761 Hamburg, Telefon 89 97 90 - 0


Drucksache 16/5214

Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 16. Wahlperiode

4. Hat sich die Stadt Hamburg an den Kosten für Schulsweatshirts, Polohemden und T-Shirts beteiligt? a) Wenn ja, in welcher Höhe? b) Wenn nein, warum nicht? Nein. Es ist Aufgabe der Eltern, die Kleidung ihrer Kinder zu finanzieren. 5. Sind dem Senat erste Erkenntnisse aus dem Projekt an der Haupt- und Realschule Sinstorf bekannt? a) Wenn ja, welche? b) Wenn nein, wann gedenkt der Senat sich über die gemachten Erfahrungen zu informieren? Nach Auskunft der Schule beteiligen sich zurzeit an der Initiative des Elternrats eine 5. Klasse, eine 6. Klasse zu ca. 70 Prozent und einzelne Schülerinnen und Schüler höherer Klassen. Einige Elternratsmitglieder tragen die Kleidung während der Elternratssitzungen, einige Lehrkräfte während des Unterrichts. Nach Aussage einzelner Eltern ist man erleichtert, dem Druck, auf Drängen der Kinder teure Markenkleidung kaufen zu „müssen“, zu entgehen. Nach Aussagen einzelner Kinder ist man erleichtert, nicht mehr wegen erkennbar billigerer Kleidung „aufgezogen“ zu werden, und nach Aussage der Lehrkräfte herrscht zurzeit ein besseres Arbeitsklima als zuvor. 6. Sind dem Senat andere Klassen bzw. Schulen bekannt, an denen in ähnlicher Form wie an der Haupt- und Realschule Sinstorf einheitliche Schulkleidung getragen wird? Wenn ja, welche und in welcher Form? Schulpullover und einheitliche Sportkleidung gibt es an verschiedenen Hamburger Schulen. Dies führt aber in der Regel nicht zu einer ständigen einheitlichen Schulkleidung. Einzelheiten zu derartigen, in der Verantwortung der Schulen liegenden Regelungen werden von der zuständigen Behörde nicht erhoben. 7. Sind dem Senat staatliche Schulen in anderen Bundesländern bekannt, an denen einheitliche Schulkleidung getragen wird? Wenn ja, wo, in welcher Form, mit staatlicher Unterstützung und mit welchem Ergebnis? Nein. 8. Wie bewertet der Senat das Tragen von einheitlicher Schulkleidung als ein mögliches Mittel zur Vermeidung von Jugendkriminalität auf dem Schulweg und in der Schule? 9. Wie bewertet der Senat das Tragen von einheitlicher Schulkleidung als ein mögliches Mittel zur Steigerung des Gemeinschaftsgefühls von Schülerinnen und Schülern? Wenn die rechtlichen Rahmenbedingungen (vgl. Antwor t zu 2. bis 3.b) eingehalten werden, bestehen keine Bedenken gegen die Einführung einheitlicher Schulkleidung. Im Übrigen liegen keine gesicherten Erkenntnisse darüber vor, inwieweit einheitliche Schulkleidung ein geeignetes Mittel zur Vermeidung von Jugendkriminalität auf dem Schulweg und in der Schule oder zur Steigerung eines positiven Gemeinschaftsgefühls von Schülerinnen und Schülern ist. 10. Ist die Einführung einheitlicher Schulkleidung schon einmal Thema einer Minister- und Senatorenkonferenz gewesen? a) Wenn ja, wann und mit welchem Ergebnis? b) Wenn nein, gedenkt der Senat dieses Thema dort einmal einzubringen? Soweit dies in der für die Beantwortung der Schriftlichen Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit überprüft werden konnte: nein. 11. Sieht der Senat andere Möglichkeiten, um die Probleme, die durch das Tragen von teurer Markenkleidung an Schulen entstehen, zu verhindern? Wenn ja, welche? Schülerinnen und Schüler haben das Recht, sich nach der Mode ihrer Zeit zu kleiden, und es ist eine erzieherische Aufgabe vor allem des Elternhauses und in Einzelfällen auch der Lehrkräfte, dafür zu sorgen, dass dies in angemessenem Rahmen geschieht. Die Polizei berät Kinder und Jugendliche auch in den Schulen über die Möglichkeit einer wirkungsvollen Prävention gegen das so genannte Abziehen. Wenn dies auf dem Schulgelände und dem Schulweg geschieht, interveniert die Schulleitung und schaltet die Polizei ein. 12. Gibt es Erhebungen über Straftaten an Hamburger Schulen und auf dem Schulweg und deren Entwicklung, insbesondere für Raubdelikte (so genanntes Abziehen)? Wenn ja, welche und mit welchem Ergebnis? Siehe Antwort des Senats auf die Schriftliche Kleine Anfrage Drucksache 16/5122.

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