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Jugendwohnungen

Als pdf: 16/1257 | Jugendwohnungen (Schriftliche Kleine Anfrage)


BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG 16. Wahlperiode

Drucksache

16/1257
25. 08. 98

Schriftliche Kleine Anfrage
des Abgeordneten Klaus-Peter Hesse (CDU) vom 18. 08. 98 und

Antwort des Senats

Betr.: Jugendwohnungen
Bei der Beantwortung der Schriftlichen Kleinen Anfrage Drucksache 16/1107 sind noch einige Punkte offen geblieben. Ich frage daher den Senat.
Mit Inkrafttreten des Achten Buches Sozialgesetzbuch – Kinder- und Jugendhilfe – (SGB VIII) wurde die Heimaufsicht nach § 78 Jugendwohlfahrtsgesetz (JWG) abgelöst durch einen Erlaubnisvorbehalt für die Betriebsaufnahme einer Einrichtung (§ 45 SGB VIII). Im Vordergrund steht die Aufgabe der Beratung von Trägern. Voraussetzung für die Erteilung der Betriebserlaubnis ist, daß das Wohl der Minderjährigen in der Einrichtung gewährleistet ist. Träger haben auf die Erteilung der Erlaubnis einen Rechtsanspruch, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erteilung vorliegen. Ergeben sich Zweifel an der Einhaltung der Voraussetzungen, so ist von der für die Erteilung der Betriebserlaubnis zuständigen Behörde im Rahmen einer örtlichen Prüfung festzustellen, ob Auflagen zu erteilen sind oder die Betriebserlaubnis zurückzunehmen ist. Ob eine Einrichtung für einen bestimmten Jugendlichen geeignet ist, ist hingegen nicht Inhalt der Beratung im Rahmen der Erteilung einer Betriebserlaubnis oder der örtlichen Prüfung, sondern wird im Rahmen der Hilfeplanung bezogen auf den Einzelfall festgestellt. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt.

1. a) Von wem und wie oft wurde in den letzten drei Jahren bei Jugendwohnungen kontrollier t, ob die Betriebserlaubnis nach § 45 SGB VIII noch gültig ist?
Die Aufgabe der landesjugendamtlichen Aufsicht für stationäre Einrichtungen der Jugendhilfe obliegt der Behörde für Schule, Jugend und Berufsbildung – Amt für Jugend –. Im Rahmen des § 46 SGB VIII (Ör tliche Prüfung) wurden in den letzten drei Jahren 116 Jugendwohnungen überprüft.

1. b) Nach welchen weiteren Vorschriften und Kriterien werden die Voraussetzungen für die Erlaubnis zum Betrieb einer Jugendwohnung überprüft?
Im Rahmen des Betriebserlaubnisverfahrens nach § 45 SGB VIII werden die Eignung sowohl des Personals als auch der baulichen Gegebenheiten sowie die vom Träger erarbeitete Konzeption in die Prüfung einbezogen. Bezogen auf das Personal gilt in der Regel das Fachkräftegebot, d. h., Voraussetzung ist die Beschäftigung von Sozialpädagoginnen bzw. Sozialpädagogen oder von Sozialarbeiterinnen bzw. Sozialarbeitern bzw. von einer Person mit einer gleichwertigen Qualifikation. Darüber hinaus gelten die allgemeinen Vorschriften für die Nutzung von Wohnraum einschließlich der allgemeinen gesundheitspolitischen Vorschriften. Die vom Träger erarbeitete pädagogische Konzeption wird auf ihre grundsätzliche Eignung nach Maßgabe des SGB VIII und BGB geprüft. Unabhängig davon ist im Rahmen der individuellen Hilfeplanung in jedem Einzelfall vom örtlich zuständigen Jugendamt zu entscheiden, ob eine Einrichtung geeignet ist.

Bürgerschaftsdrucksachen – außer Senatsvorlagen – sind – gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Papier – zu beziehen bei: Druckerei Wartenberg & Söhne GmbH, Theodorstraße 41 w, 22761 Hamburg, Telefon 89 97 90 - 0


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1. c) Werden die Kontrollbesuche unvorangemeldet durchgeführt?
In der Regel werden örtliche Prüfungen gemäß § 46 SGB VIII nach vorheriger Abstimmung mit dem Leistungsträger und dem Spitzenverband sowie dem zuständigen Jugendamt durchgeführt. § 46 SGB VIII bietet auch die Möglichkeit der unangemeldeten örtlichen Prüfung. Dies gilt vor allem zur Abwehr von Gefahren für das Wohl der betreuten Kinder und Jugendlichen. Entsprechend stellen unangemeldete örtliche Prüfungen die Ausnahme dar.

1. d) Wie oft ist es in diesem Zeitraum vorgekommen, daß Auflagen ausgesprochen bzw. es zu einem Entzug der Betriebserlaubnis gekommen ist?
In den letzten drei Jahren ist es weder zu einem Entzug einer gültigen Betriebserlaubnis noch zu Auflagen für einen Betreiber von Jugendwohnungen gekommen. Aufgetretene Probleme oder Beanstandungsgründe wurden dem Gesetz entsprechend zunächst mit den Trägern beraten und von diesen abgestellt.

1. e) Wie viele Kontrollen fanden in der Jugendwohnung am Pulverhofsweg seit Erteilung der Betriebserlaubnis statt?
Für die Einhaltung der mit der Betriebserlaubnis verbundenen Standards ist der Betrieb im Rahmen seiner Dienst- und Fachaufsicht zuständig. Leitende Mitarbeiter des Betriebes waren bis zur Schließung der Einrichtung im Durchschnitt einmal monatlich vor Ort. In diesem Rahmen wurde auch die Funktion der örtlichen Prüfung wahrgenommen.

2. a) Wie hoch sind die derzeitigen monatlichen Kosten für die Jugendwohnung am Pulverhofsweg und der Jugendwohnung Steinblockstraße, und wie werden diese Einrichtungen genutzt? Wie viele Plätze sind derzeit insgesamt bei Jugendwohnungen nicht besetzt, und wie hoch sind die monatlichen Kosten, die dadurch entstehen?
In den stationären Hilfen nach § 34 SGB VIII werden die Kosten in Abhängigkeit von der Belegungsdauer tageweise (auf Basis eines Tagespflegesatzes) berechnet. Der Tagespflegesatz 1998 beträgt für die Jugendwohnung am Pulverhofsweg 244,45 DM, für die Jugendwohnung Steinblockstraße 213,43 DM. Die Einrichtung Pulverhofsweg ist seit Anfang Juli 1998, die Einrichtung Steinblockstraße seit Mitte Juli nicht belegt. Für die Einrichtung Pulverhofsweg, die dem Träger vom Bezirksamt Wandsbek zur kostenlosen Nutzung überlassen ist, entstehen zur Zeit lediglich Betriebskosten für den Unterhalt des Gebäudes. Die laufenden Betriebskosten im Rahmen der Belegung sind mit 1120 DM monatlich kalkuliert. Für die Einrichtung Steinblockstraße sind im Rahmen der Belegung monatliche Miet- und Betriebskosten in Höhe von 3186 DM kalkuliert. Die Einrichtung Pulverhofsweg wurde ausschließlich für die Vermeidung von Untersuchungshaft nach §§ 71 und 72 Jugendgerichtsgesetz (JGG) genutzt. Die Einrichtung Steinblockstraße wurde zur Durchführung stationärer Hilfen zur Erziehung nach § 34 SGB VIII genutzt. Eine aktuelle Übersicht über die Belegung von Jugendwohnungen ist in der für die Beantwortung einer Schriftlichen Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht zu erstellen. 1997 hatte der Landesbetrieb bezogen auf alle stationären Angebote die mit ihm vereinbarte Auslastungsquote von 95 Prozent erreicht.

2. b) Wie viele Plätze standen in den letzten zwei Jahren in der Jugendwohnung am Pulverhofsweg zur Verfügung, und wie viele wurden davon besetzt?
Von den zur Verfügung stehenden zehn Plätzen wurden 1996 im Jahresdurchschnitt alle zehn, 1997 im Jahresdurchschnitt acht Plätze belegt.

2. c) Welche Relation ergibt sich bei den anderen Jugendwohnungen?
Siehe Antwort zu 2. a).

2. d) Gibt es nunmehr Vereinbarungen zwischen Jugend- und Justizbehörde über die Kostenübernahme der geplanten sozialpädagogischen Intensivbetreuung?
Ja.

3. a) Welche genauen Zielvorgaben innerhalb von Leistungsvereinbarungen werden derzeit mit Betreibern von Jugendwohnungen abgeschlossen?
Der Abschluß sogenannter Leistungsvereinbarungen zwischen dem Kostenträger Freie und Hansestadt Hamburg und den Leistungsträgern ist nach dem SGB VIII mit dem neuen § 78 ab dem 1. Januar 1999 vorgesehen. Leistungsvereinbarungen werden dann ein Bestandteil der sogenannten Entgeltvereinbarungen sein. Damit werden die bisherigen Kostenvereinbarungen in Form von Tagespflegesätzen abgelöst. Für die bisherigen Kostenvereinbarungen sind weder vom Gesetzgeber im Rahmen des SGB VIII noch durch die Allgemeine Pflegesatzvereinbarung der Abschluß von Leistungsvereinbarungen vorgesehen. Bezogen auf die Einzelfälle werden die vom Träger zu erbringenden Leistungen in Hilfeplänen definier t, die im Rahmen von Erziehungskonferenzen erarbeitet werden. 2


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3. b) Wie wird die Einhaltung dieser Zielvorgaben kontrolliert?
Im Rahmen der Hilfeplanung wird regelmäßig überprüft, ob die festgelegten Hilfeziele erreicht wurden bzw. ob eine Veränderung der Ziele, des pädagogischen Konzeptes oder der Betreuungsintensität erforderlich ist.

3. c) Gibt es Untersuchungen, inwieweit die in den jeweiligen Hilfeplänen enthaltenen Vorgaben erreicht werden konnten?
Für Hamburg gibt es keine aktuellen Untersuchungen zur Zielerreichung in den Hilfen zur Erziehung. Eine von Prof. Dr. Thiersch (Universität Tübingen) bundesweit durchgeführte Studie kommt zu dem Ergebnis, daß 70 Prozent der Hilfen in Einrichtungen zielentsprechend verlaufen.

4. a) Inwieweit ist es Kindern und Jugendlichen nach Entzug des elterlichen Sorgerechts möglich, eigenständig zwischen unterschiedlichen Betreuungskonzepten in Jugendwohnungen auszuwählen? Ist dies bei bestehendem elterlichen Sorgerecht ebenfalls möglich? (Bitte Angabe der Fälle im Vergleich zu den Gesamtentscheidungen.) b) Wer ist in diese Entscheidung eingebunden?
Die Entscheidung über die Auswahl der Hilfe und der Einrichtung wird gemäß § 36 SGB VIII im Zusammenwirken der Fachkräfte der Jugendhilfe und der Personensorgeberechtigten ggf. unter Hinzuziehung weiterer Personen wie z. B. Ver tretern des die Hilfe voraussichtlich durchführenden Trägers durch das örtlich zuständige Jugendamt getroffen. Ist Eltern das Sorgerecht entzogen worden, tritt an ihre Stelle ein Vormund. Kinder und Jugendliche sind bei der Auswahl der Hilfe grundsätzlich entsprechend ihrem Entwicklungsstand zu beteiligen, unabhängig davon, wer das Personensorgerecht ausübt.

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