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Ergebnisse der Enquete-Kommission „Jugendkriminalität“

Als pdf: 16/5498 | Ergebnisse der Enquete-Kommission „Jugendkriminalität“ (Große Anfrage)


BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG 16. Wahlperiode

Drucksache

16/5498
20. 02. 01

Große Anfrage
der Abg. Klaus-Peter Hesse, Rolf Harlinghausen, Bettina Pawlowski, Jürgen Klimke, Volker Okun (CDU) und Fraktion vom 24. 01. 01 und

Antwort des Senats

Betr.: Ergebnisse der Enquete-Kommission „Jugendkriminalität“
Am 30. Mai 2000 hat die Enquete-Kommission „Strategien gegen die anwachsende Jugendkriminalität und ihre gesellschaftlichen Ursachen“ ihren Abschlussbericht vorgelegt und die Ergebnisse vorgestellt. Der Ausschuss für Jugend und Sport hat sich in seiner Sitzung am 14. September 2000 damit auseinander gesetzt. Die Senatsvertreter haben nicht zu allen Empfehlungen der Kommission Stellung genommen und sich nur bedingt bereit erklärt, die zum größten Teil einvernehmlich beschlossenen Empfehlungen in ihre Arbeit einfließen zu lassen. Innerhalb des Untersuchungszeitraumes wurden weitere Gutachten zum Thema Jugendkriminalität in Auftrag gegeben und vereinzelt einige der in dem Bericht geforderten Maßnahmen von Behörden ergriffen. Am 30. November 2000 hat die Bürgerschaft mit Mehrheit einen Antrag der SPD- und GALFraktionen (Drucksache 16/5079) zu einzelnen Konsequenzen aus dem Bericht der EnqueteKommission beschlossen. Der Senat nimmt die Entwicklung der Jugenddelinquenz in Hamburg und die diesbezüglichen Ängste von Kindern, Jugendlichen und deren Familien sowie die Unsicherheitsgefühle von Bürgerinnen und Bürgern sehr ernst. Er hat bereits offensiv im präventiven und repressiven Bereich gehandelt. Dies wird durch die nachfolgenden Antworten vielfach belegt. Das Handeln des Senats wird auch von der Enquete-Kommission ausdrücklich gewürdigt. Sie knüpft in ihren Empfehlungen an vielen Stellen an die Aktivitäten des Senats an, führt sie weiter und weist auf zusätzliche Aspekte hin. Der Senat fühlt sich in seinem Handeln durch den Bericht der Enquete-Kommission bestätigt und sieht in ihm zugleich eine wichtige Grundlage für die Weiterentwicklung seiner Politik. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt.

Bürgerschaftsdrucksachen – außer Senatsvorlagen – sind – gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Papier – zu beziehen bei: Druckerei Wartenberg & Söhne GmbH, Theodorstraße 41 w, 22761 Hamburg, Telefon 89 97 90 - 0


Drucksache 16/5498

Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 16. Wahlperiode

1. Welche Studien, Untersuchungen und Veröffentlichungen zum Thema Jugendkriminalität oder Prävention wurden im Auftrag des Senates oder einzelner Behörden während des Untersuchungszeitraums angefertigt und was haben sie im Einzelnen gekostet? Welche wurden seit Abschluss der Untersuchungen angefertigt und was haben sie im Einzelnen gekostet? Es wurden die nachfolgend aufgeführten Untersuchungen begonnen, fertig gestellt oder publiziert: Auftragnehmer Dr. Daniel Jansen Institution Universität der Bundeswehr Forschungsvorhaben Gewalterfahrungen und Gewaltwahrnehmung von Kindern – Abschlussbericht einer empirischen Erhebung in Schulklassen der 6. Jahrgangsstufe in Hamburg Evaluation der intensiv betreuten Plätze des LEB* (§§ 71, 72 JGG und § 34 SGB VIII) Staatliche Reaktionsweisen gegenüber jugendlichen „Intensivtätern“ in Hamburg (1. Aktenauswertung) Staatliche Reaktionsweisen gegenüber jugendlichen „Intensivtätern“ in Hamburg (2. Aktenauswertung) Sachverständige Stellungnahme zur Angebotsstruktur der Jugendstraffälligenhilfe Expertise zum Anti-Gewalt-Training Kosten 23 900 DM

Prof. Dr. Bernhard Universität Hamburg, Villmow Fachbereich Rechtswissenschaften Prof. Dr. Karl F. Universität Bremen, Schumann Bremer Institut für Kriminalpolitik Prof. Dr. Karl F. Universität Bremen, Schumann Bremer Institut für Kriminalpolitik Dr. Otmar Hagemann

72 000 DM

15 000 DM

62 000 DM

10 000 DM

Dr. Henning 10 000 DM Schmidt-Semisch Prof. Dr. Christian Kriminologisches Institut Jugendgewalt in Hamburg, eine Analyse 90 127 DM Pfeiffer Niedersachsen e.V. in staatsanwaltschaftlicher Verfahrensakten Hannover zu unter einundzwanzigjährigen Beschuldigten von Raub- und qualifizierten Körperverletzungsdelikten des Jahres 1996 * Landesbetrieb Erziehung und Berufsbildung. Nach Beendigung der Tätigkeit der Enquete-Kommission wurden bisher keine weiteren Untersuchungen in Auftrag gegeben. 2. Der Senat hat unter anderem das Kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsen (KFN) mit der Erstellung von Studien beauftragt. a) Wie viele Aufträge wurden bis heute insgesamt von wem an das KFN erteilt? b) Welchen Inhalt und welche Ziele hatten sie im Einzelnen? c) Was haben die Aufträge der Stadt im Einzelnen gekostet? d) Wann wurden diese Aufträge im Einzelnen erteilt? e) Wann wurden die jeweiligen Ergebnisse vorgestellt? Seit 1990 beauftragte die Behörde für Schule, Jugend und Berufsbildung das Kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsen (KFN) mit der Durchführung von drei Untersuchungen. Die Inhalte, Ziele und Kosten der Untersuchungen sowie die Zeitpunkte der Auftragserteilung und Vorstellung der Ergebnisse sind der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen: Vorstellung der Vertrag Ergebnisse vom: am 19. 02. 97 16. 12. 99

Forschungsvorhaben (1.) Jugenddelinquenz und jugendstrafrechtliche Praxis in Hamburg (Teil I) (2.) Jugendgewalt in Hamburg. Eine Analyse staatsanwaltschaftlicher Verfahrensakten zu unter einundzwanzigjährigen Beschuldigten von Raub- und qualifizierten Körperverletzungsdelikten des Jahres 1996 (Teil II) (3.) Gewalterfahrungen und Kriminalitätsfurcht von Jugendlichen in Hamburg

Inhalt und Ziele Untersuchungen zur Entwicklung der Jugendkriminalität

Kosten 33 000,00 DM

Analyse staatsanwaltschaftlicher Ver90 127,00 DM fahrensakten zu unter einundzwanzigjährigen Beschuldigten 1996 im Hinblick auf den sozialen Hintergrund und die kriminelle „Karriere“ sowie bisherige Leistungen der Jugendhilfe, die Bearbeitungspraxis der Staatsanwaltschaft und Jugendgerichte, die in U-Haft genommenen Tatverdächtigen Erhebungen zum Umfang der 152 432,80 DM Gewalterfahrungen von Jugendlichen im 9. Schuljahr, zum Umfang der Angst- und Furchtreaktionen sowie zum Zusammenhang zwischen Opfererfahrungen/Furchterleben und eigener Gewaltbereitschaft

16. 09. 97

16. 12. 99

06. 10. 97

19. 06. 99

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Drucksache 16/5498

Darüber hinaus beteiligt sich Hamburg an der bundesweiten Untersuchung des KFN „Schülerbefragung 2000“ mit einem Kostenbeitrag in Höhe von 35 TDM. Auftraggeber ist das Bundesministerium des Inneren. 2. f) Wie bewertet der Senat die jeweils vorgestellten Ergebnisse? Die an das KFN vergebenen Gutachten sind in gleichem Maße wie andere im Auftrag des Senats zu dieser Thematik durchgeführte Untersuchungen Bestandteil des Handlungskonzepts des Senats. Sie helfen, die erforderlichen Wissensgrundlagen für zielgerichtete, planvolle und effektive Maßnahmen zur Bekämpfung der Jugendkriminalität zu verbessern. 2. g) Welche und wie viele Aufträge werden zurzeit noch von dem KFN bearbeitet und wann ist mit den Ergebnissen im Einzelnen zu rechnen? Im Zusammenhang mit dieser Fragestellung liegen aus der Freien und Hansestadt Hamburg keine weiteren Aufträge vor. 2. h) Sollen noch weitere Aufträge an das KFN erteilt werden? i) In welcher Höhe werden noch Kosten anfallen? Die Vergabe weiterer Aufträge an das KFN ist zurzeit nicht vorgesehen. 2. j) Gibt es bereits konkrete Umsetzungen der Ergebnisse bzw. in welcher Form sind Umsetzungen vorgesehen? Bereits eingeleitete Maßnahmen der Behörden wie das Anti-Raub-Konzept der Polizei, die Ausweitung des Täter-Opfer-Ausgleichs, die vermehrte Durchführung staatsanwaltlicher Ermahnungsgespräche und die Beschleunigung von Strafverfahren wurden durch Ergebnisse von Untersuchungen des KFN angeregt oder bestätigt. Für weitere Folgerungen aus den Ergebnissen und ihren Umsetzungsstand im Hinblick auf präventive Maßnahmen wird auf den Bericht der Überregionalen Fachkommission „Jugendhilfe, Schule, Polizei, Justiz“ an den Senat vom Juli 2000 und die Stellungnahme des Senats zu dem Ersuchen der Bürgerschaft vom 2./3. Dezember 1998 – Förderung von Zivilcourage und ziviler Konfliktfähigkeit (Drucksache 16/2699 vom 29. Juni 1999) – sowie den Bericht des Schulausschusses über Maßnahmen gegen die Gewalt an Schulen (Drucksache 16/2511 vom 20. Mai 1999) verwiesen. 3. Wie viele Veröffentlichungen (Presseerklärungen, Broschüren und anderes) wurden zum Thema Jugendkriminalität während des Untersuchungszeitraums der Enquete-Kommission von Behörden bzw. vom Senat gemacht? Wie viele wurden seit Abschluss der Untersuchung gemacht? (Bitte detaillierte Auflistung der einzelnen Veröffentlichungen.) Während des Untersuchungszeitraums gab es 26 Veröffentlichungen zum Thema Jugendkriminalität. Nach Übergabe des Berichts an die Präsidentin der Bürgerschaft am 30. Mai 2000 folgten die nachstehend aufgeführten Pressemitteilungen und Broschüren. Pressemitteilungen 30. Mai 2000 21. Juni 2000 5. Juli 2000 6. Juli 2000 14. Juli 2000 August 2000 4. August 2000 11. September 2000 September 2000 22. September 2000 5. Oktober 2000 Erste Reaktionen der zuständigen Senatoren auf den Bericht der EnqueteKommission „Jugendkriminalität“ Schule und Gewalt – erfahren, begegnen, handeln Haushalt 2001 Einladung zum 1. Hamburger Forum für Jugendrecht Überregionale Fachkommission stellt ihren Jahresbericht vor: Kooperation zwischen Jugendhilfe, Schule, Polizei und Justiz bewährt sich Polizeibericht: Gemeinsam gegen Gewalt (Messe Du und Deine Welt – Handyaktion von Step 21/ Polizei) Halbjahresbilanz: Kriminalität in Hamburg ging um 6,2 Prozent zurück „Ich bin registriert“ – Schulbehörde und Polizei starten Kampagne gegen Handy-Raub unter Jugendlichen Polizeibericht: Straßenturnier des LKA 15 auf dem Hachmannplatz – Motto: Gemeinsam gegen Gewalt „Sozialtherapeutische Abteilung im Jugendvollzug“ Großer Erfolg der Aktion gegen Handy-Raub Jugendkriminalität und Prävention: Großer Erfolg der Aktion gegen HandyRaub 18. Oktober 2000 31. Oktober 2000 13. November 2000 Diskussion über Gewalt unter Jugendlichen am Beispiel des Films „Oi! Warning“ wird begrüßt Gewaltprävention an Hamburgs Schulen: Erfolg für Streitschlichterprogramm Filmtage im Cinemaxx: Start der zweiten Phase von „Gemeinsam gegen Gewalt“ – Handy-Registrieraktion von Schul- und Innenbehörde übertrifft hoch gesteckte Erwartungen der Initiatoren Innen- und Justizbehörde verstärken Strafverfolgung jugendlicher Gewalttäter 3

14. November 2000


Drucksache 16/5498 14. November 2000 29. Dezember 2000 11. Januar 2001 Broschüren/Faltblätter September 2000 Oktober 2000

Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 16. Wahlperiode Gesprächsrunde Sicherheit erhielt Informationen über die aktuelle Sicherheitslage in Hamburg Neue Regelungen für die Ahndung von Jugendkriminalität – Veränderte Diversionsrichtlinien für die Staatsanwaltschaft „Knast ist nicht cool“

Handy-Registrierkarten, Plakataktion „Handy“ sowie Internetauftritt zur Aktion „Gemeinsam gegen Gewalt“ durch LKA 15/ BSJB Reader „Konflikte und Gewalt“ des Fachkreises Gewaltprävention

4. In welcher Form wurden von Seiten des Senats die parlamentarischen Anträge zum Thema Jugendpolitik seit Beginn der 15. Legislaturperiode bis zum heutigen Zeitpunkt im Einzelnen behandelt? (Bitte detaillierte Auflistung der einzelnen Drucksachen mit anschließendem Verfahren.) Die gewünschten Angaben lassen sich der Parlamentsdokumentation der Bürgerschaft entnehmen. 5. Wie bewertet der Senat die Arbeit der Enquete-Kommission „Jugendkriminalität“? Der Senat sieht in dem Bericht der Enquete-Kommission der Bürgerschaft „Strategien gegen die anwachsende Jugendkriminalität und ihre gesellschaftlichen Ursachen“ einen wichtigen Beitrag zur weiteren Versachlichung der öffentlichen Diskussion. Die Arbeit der Enquete-Kommission hat wichtige Hinweise für die Weiterentwicklung von Maßnahmen und Strategien im Umgang mit Jugenddelinquenz erbracht. Die Ausführungen der Kommission stimmen mit der Lagebeurteilung und dem Handlungskonzept des Senats in weiten Teilen überein. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 6. In welcher Art gedenkt der Senat mit den Ergebnissen der Enquete-Kommission umzugehen? Inwieweit haben sie Konsequenzen für die zukünftige Arbeit des Senats im Bereich Jugendkriminalität? Der Senat hat im Verlauf der mehr als zweijährigen Beratungen der Enquete-Kommission offensiv gehandelt und die unter 6.a) bis c) beschriebenen Maßnahmen umgesetzt. Der Bericht der Enquete-Kommission bietet der Fachwelt, der interessierten Öffentlichkeit und der Politik eine differenzierte Grundlage für die Analyse von Ursachen und Erscheinungsformen von Jugenddelinquenz. Die Ergebnisse des Berichts wurden bzw. werden von den Fachbehörden und in interbehördlichen Gremien (z.B. AG Diversion, Beschleunigungskonferenz von Justizbehörde und Behörde für Inneres, Überregionale Fachkommission Schule, Jugendhilfe, Polizei, Justiz) weiter ausgewertet. 6. a) Welche Empfehlungen der Kommission werden aus welchen Gründen nicht in die Arbeit des Senates einfließen? b) Welche Empfehlungen haben bereits in welcher Form und mit welchen Konsequenzen und mit welchem zeitlichen Rahmen Berücksichtigung gefunden? c) Welche Empfehlungen werden noch in welcher Form in die Arbeit des Senates einfließen? Der Senat hat eine Vielzahl von Maßnahmen in Angriff genommen, teilweise bereits während des Beratungsprozesses der Enquete-Kommission und bevor deren abschließende Empfehlungen vorlagen. Darauf hat die Enquete-Kommission in ihrem Bericht bereits hingewiesen. Die im Folgenden dargestellten Maßnahmen decken sich mit den entsprechenden Empfehlungen der Kommission. – Verfahrensbeschleunigung Der Senat hat Maßnahmen eingeleitet, die eine schnelle Reaktion auf Jugenddelinquenz und eine zeitliche Optimierung der Verfahren (Ermittlungsverfahren nicht länger als sechs Wochen, insbesondere Intensivtäter spätestens drei Monate nach der Tat angeklagt) ermöglichen. Dazu gehören insbesondere folgende von der Beschleunigungskonferenz veranlassten Maßnahmen: – Das Projekt „!STOPP!“, das zum 1. Januar 2001 begonnen hat, bezieht sich auf ca. 40 jugendliche und heranwachsende Wiederholungstäterinnen und -täter von Gewaltstraftaten. Es sieht eine Bearbeitungskonzentration bei derselben polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsperson vor, die damit immer auf dem Laufenden über alle gegen die Beschuldigten anhängigen Verfahren ist und umfangreiche Kenntnisse über die Beschuldigten und ihre Hintergründe sofort nutzen kann. So erhält auch das Bezirksjugendgericht umfassende Informationen über die angeklagten Jugendlichen bzw. Heranwachsenden. Verfahrensabtrennungen ermöglichen, mit den Tätern stets dasselbe Jugendgericht zu befassen und das Verfahren unabhängig von anderen Tatbeteiligten konzentriert und beschleunigt abzuschließen. Das Verfahren wird von einer Arbeitsgruppe der Beschleunigungskonferenz begleitet und soll von Externen evaluiert werden. – Das besonders schnelle Verfahren für jugendgerichtliche Maßnahmen nach § 45 Absatz 3 JGG (z. B. Ermahnung, Weisung, Auflagen) wird ausgeweitet. – Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung absehen, wenn eine erzieherische Maßnahme von öffentlicher und privater Seite im Rahmen bestehender Erziehungsaufgaben bereits durchgeführt oder eingeleitet ist. Solche Maßnahmen werden gesondert dokumentiert und stehen Gericht und Staatsanwaltschaft zeitnah für ihre Entscheidungen zur Verfügung. 4


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Drucksache 16/5498

– Ausbau kommunikativer Reaktionsformen und normenverdeutlichender Gespräche – Polizei und Justiz suchen in zunehmendem Maße das unmittelbare normenverdeutlichende Gespräch mit den Tätern/Täterinnen und ihren Eltern; potenzielle Opfer werden angesprochen und auf verlässliche Problemlösungen orientiert. – Die Polizei führt im Rahmen des Anti-Raub-Konzepts – anlassbezogen und zeitnah zur Tat – aufsuchende und normverdeutlichende („Abziehen“ als knallharter Raub) Gespräche mit dem oder der erstmals Tatverdächtigen und dessen oder deren sozialen Umfeld (in der Regel Eltern) im jeweiligen Wohnbereich oder einem anderen geeigneten Ort. Überwiegend stößt sie auf positive Resonanz bei den Eltern und zumindest erste Zeichen positiver Betroffenheit bei den Tatverdächtigen. Diese unmittelbare Kontaktaufnahme wird beibehalten. – Die Anzahl der staatsanwaltschaftlichen Ermahnungsgespräche hat erheblich zugenommen. Sie werden ggf. auch durch Freistellung der Dezernentinnen und Dezernenten vom Sitzungsdienst gefördert. Die neue Diversionsrichtlinie hat entsprechend die Ermahnungsgespräche besonders gewichtet. – Der Senat fördert und intensiviert – unter anderem mit der Zielrichtung verstärkter Anzeigebereitschaft bei jungen Raubopfern – das polizeiliche Anti-Raub-Konzept auch durch Maßnahmen wie z.B. das Präventionsprogramm Kinder- und Jugenddelinquenz. Im Jahr 2000 wurde das Thema „jugendtypischer Raub / Handyaktion“ insbesondere durch die Kooperationsaktion Schule/Polizei deutlich ausgeweitet: Im Rahmen der am 11. September 2000 gestarteten Präventionskampagne „Ich bin registriert“ können Jugendliche die Geräte-Nummern ihres Mobiltelefons registrieren lassen. Dadurch werden Opfern des Raubs von Handys die Bedeutung und der potenzielle Erfolg von Anzeigen bei der Polizei bewusst gemacht. Hauptzielgruppe der Aktion sind die Schülerinnen und Schüler der Klassen 5 bis 10. Der Präventionsunterricht wird von Lehrerinnen/Lehrern und Polizeibeamten gemeinsam gestaltet. Informationsmaterial und Handy-Registrierkarten wurden an Hamburger Schulen verteilt. Bisher haben sich über 80 Hamburger Schulen beteiligt. – Täter-Opfer-Ausgleich Die Begegnung zwischen Täter und Opfer im Rahmen des Täter-Opfer-Ausgleichs ist ein wesentlicher Bestandteil der Auseinandersetzung zwischen den Tatbeteiligten. Er hilft den Opfern bei der Bewältigung der Tatfolgen und verstärkt die präventiven Wirkungen strafrechtlicher Reaktionen. Der Senat hat eine schrittweise Ausweitung der Fallzahlen im Täter-Opfer-Ausgleich beschlossen (Drucksache 16/2805). Im Jahr 2000 wurden 528 Verfahren eingeleitet, das entspricht einer Steigerung von 89 Fällen (18,9 Prozent) gegenüber dem Vorjahr. Damit ist ein wichtiger Schritt zur Sicherung des Täter-Opfer-Ausgleichs erfolgt. – Weiterentwicklung des Jugendarrestes Der Senat hat die Jugendarrestanstalt personell verstärkt und eine kontinuierliche Öffnung auch an den Wochenenden gewährleistet. Die durchgängige Belegungsmöglichkeit der Jugendarrestanstalt wurde durch Verlagerung von zwei Stellen des Allgemeinen Vollzugsdienstes aus anderen Bereichen des Strafvollzugs gesichert. – Überarbeitung der Diversionsrichtlinie Die Generalstaatsanwältin hat die Diversionsrichtlinie überarbeitet und zum Jahresbeginn 2001 in Kraft gesetzt. Künftig ist bei vorsätzlicher Körperverletzung in jedem Fall zu ermitteln, und die Staatsanwaltschaft darf das Verfahren nicht mehr nach § 45 Absatz 1 JGG ohne weitere Maßnahmen einstellen. Zugleich werden die mit der Diversion verbundenen Ziele der Beschleunigung und der stärkeren persönlichen Reaktion und die Möglichkeit des Täter-Opfer-Ausgleichs deutlicher hervorgehoben. – Angebote der Jugendstraffälligenhilfe Der Senat hat sichergestellt, dass in jedem Bezirk ein umfassendes Angebot ambulanter erzieherischer Maßnahmen vorgehalten wird. Dazu gehören insbesondere folgende Angebote: Erbringung von Arbeitsleistungen, soziale Trainingskurse, Täter-Opfer-Ausgleich, Teilnahme am Verkehrsunterricht, Betreuung durch einen Betreuungshelfer bzw. eine Betreuungshelferin. – Stärkere Sozialraumorientierung in der Jugendhilfe Die sozialräumliche Orientierung der Jugendhilfeangebote verbessert eine rechtzeitige und effektive Inanspruchnahme durch die Familien. (1) Durch die Bildung neuer Regionalabteilungen in den bezirklichen Jugendämtern sind die Voraussetzungen dafür verbessert worden, dass die Angebote und Dienste der Jugendämter für Bürgerinnen und Bürger leichter erreichbar sind. (2) In den acht Kinder- und Familienhilfezentren (KiFaz) erhalten Kinder, Jugendliche und deren Familien schnell und unbürokratisch Beratung in Erziehungs- und Gesundheitsfragen, Zugang zur Kindertagesbetreuung oder zu sinnvollen Freizeitmöglichkeiten. (3) Mit dem neuen Handlungskonzept der stadtteilorientierten Familienhilfen erhalten Familien zukünftig schneller Unterstützung und Beratung, die sie suchen, insbesondere in den Bereichen Familienbildung, Erziehungsberatung, Kindertagesbetreuung, Familienentlastung und Gesundheitsförderung. (4) Schnittstellenprojekte (vgl. Drucksache 16/4918, Ziffer 7) sollen neue Wege intensiver Zusammenarbeit z.B. zwischen Kindertagesheimen, Jugendfreizeiteinrichtungen, Beratungsstellen und Hilfen zur Erziehung erproben, mit denen Familien die Leistungen einer Kinderbetreuung im unmittelbaren Zusammenhang mit einer individuellen Beratung oder Hilfe im Einzelfall erhalten können. 5


Drucksache 16/5498

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(5) Ein Projekt zur Erprobung eines Sozialraumbudgets wird in einer Region des Bezirksamts Eimsbüttel in Angriff genommen. Im Rahmen dieses Projekts sollen, wo erforderlich, verbesserte Finanzierungsmodelle für sozialräumliche Jugendhilfeangebote entstehen. (6) Seit März 2000 werden fünf Modellprojekte zur flexiblen familiären Krisenintervention gefördert (vgl. Drucksache 16/4918, Ziffer 6). Familien in Krisen erhalten hier frühzeitige und schnelle Unterstützung. – Sicherstellung einer kurzfristigen und vorbehaltlosen Aufnahme in die Hilfen zur Erziehung Bei einem schwer wiegenden Beziehungskonflikt zwischen einem Kind oder einem bzw. einer Jugendlichen und den Eltern kann es im Interesse eines effektiven Kinder- und Jugendschutzes notwendig sein, das Kind oder den Jugendlichen bzw. die Jugendliche vorläufig in einer Einrichtung der Jugendhilfe unterzubringen. Um deren kurzfristige und vorbehaltlose Aufnahme in einem Heim oder einer sonstigen Wohneinrichtung in Hamburg sicher zu stellen, wurden verbindliche Verfahren und Strukturen geschaffen. Für eine zeitlich befristete Krisenintervention im Rahmen der Inobhutnahme nach § 42 SGB VIII hat der Senat am 13. Juli 1999 die Globalrichtlinie „Vorläufige Hilfen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen“ (GR J 5/99) erlassen. – Hilfen zur Erziehung – Mit dem Ausbau der ambulanten Hilfen zur Erziehung seit 1996 ist die Wende von familienersetzenden zu familienstützenden Hilfen vollzogen. – Für Kinder, die eine hohe Problembelastung im Zusammenhang mit Entwicklungsauffälligkeiten, Schul- und Ausbildungsproblemen und Delinquenz aufweisen, wird ein geeignetes und tragfähiges Angebot in Hamburg geschaffen. Eine intensivere Zusammenarbeit zwischen Kinderund Jugendpsychiatrie, Schule und Einrichtungen der Jugendhilfe ist eingeleitet. – Pflegeeltern sind ein wichtiger und wirksamer Bestandteil des Hilfesystems. Ihre engagierte Arbeit verdient hohe Anerkennung. Am Stichtag 31. Dezember 2000 waren 1023 Kinder und Jugendliche in Pflegefamilien untergebracht; dies entspricht einem Anteil von 20,9 Prozent aller Hilfen zur Erziehung. Die Einbeziehung von nicht professionellen Helferinnen und Helfern wurde bereits 1995 in das „Rahmenkonzept Hamburger Kinder- und Familienhilfezentren“ aufgenommen. Ihre Arbeit spielt auch im Rahmen der Schnittstellenprojekte und des Handlungskonzepts „Stadtteilorientierte Familienhilfen“ eine wichtige Rolle. – Im Bereich der Hilfen zur Erziehung bedarf es nach Auffassung des Senats eines Erziehungsverhaltens der Bezugspersonen, das Kinder und Jugendliche gleichermaßen fördert wie fordert. Mit diesem Ziel wird das Konzept der Jugendwohnungen des LEB grundlegend reformiert. Für Jugendliche über 16 Jahren wird insgesamt eine Rund-um-die-Uhr-Erreichbarkeit von Betreuungskräften sicher gestellt und damit auch in Krisensituationen die schnelle Einleitung von Deeskalationsmaßnahmen ermöglicht. Die entsprechende Umstrukturierung der bestehenden Plätze ist im Bereich der Bezirksämter Altona und Harburg bereits erfolgt. – Umgang mit Kindern und Jugendlichen in schwierigen Lebenssituationen Die konzeptionelle Weiterentwicklung von Handlungsansätzen und -angeboten für Kinder und Jugendliche in Hilfen zur Erziehung ist in Angriff genommen worden: – Der LEB verfügt mit den intensiv betreuten Wohngruppen über Einrichtungen, in denen junge Menschen in schwierigen Lebenssituationen durch eine dichte Betreuung und verbindliche Gestaltung des Alltags Orientierung erfahren. Die Verbindlichkeit der Betreuung ist nach einer Konzeptüberarbeitung, die eine verpflichtende Einbindung der Jugendlichen in feste Gruppenaktivitäten und Qualifizierungskurse vorsieht, erhöht worden. Ferner wurde eine regelhafte psychologische und ggf. auch jugendpsychiatrische Beratung vorgesehen, um den Umgang mit schwierigen Konfliktsituationen weiter zu qualifizieren. – Mit den Empfehlungen zur Bearbeitung von Krisen („Case-Management in Grenzsituationen“), die den Jugendämtern und den Trägern vorliegen, ist ein geeignetes Instrument geschaffen worden, um die Handlungsmöglichkeiten der Jugendhilfe bei problematischen Einzelfällen zu verbessern. Darüber hinaus berät die zuständige Behörde bei der Behandlung besonders schwieriger Einzelfälle. Die dargestellten Maßnahmen dienen auch dazu, Kontinuität von Betreuungsverhältnissen in Krisensituationen zu fördern. – Konzepte für drogenabhängige Jugendliche in Einrichtungen der Jugendhilfe Drogenabhängige Jugendliche werden in die Einrichtungen der Jugendhilfe integriert. Dabei greifen die Fachkräfte der Jugendhilfe zurück auf „Empfehlungen für die Durchführung erzieherischer Hilfen für Minderjährige, die Drogen konsumieren“, welche die zuständige Behörde zusammen mit den Bezirksämtern und den Trägern der freien Jugendhilfe erarbeitet hat. Die Empfehlungen richten sich an die Fachkräfte der erzieherischen Hilfen. Zu dem Handlungsinstrumentarium gehört jeweils auch, dass die „Dinge“ gegenüber dem Jugendlichen beim Namen genannt werden und dass insbesondere auch Fachdienste hinzugezogen werden sollen. Die Empfehlungen geben Anregungen für die Qualifizierung fachlicher Konzeptionen der Einrichtungen, für die Kooperation mit Beratungs- und Therapieeinrichtungen sowie Erläuterungen zu rechtlichen Rahmenbedingungen. – Minderjährige Flüchtlinge Minderjährige Flüchtlinge mit geklärter längerer Aufenthaltsperspektive erhalten über das 16. Lebensjahr hinaus eine pädagogische Betreuung, wenn die Hilfe notwendig und geeignet ist. In stationären Hilfen befinden sich derzeit 140 minderjährige Flüchtlinge (davon über 16 Jahre = ca. 80). In bezirklichen Jugendwohnungen werden ca. 230 minderjährige Flüchtlinge (davon über 16 Jahre = ca. 210) betreut. 6


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– Stärkung und Weiterentwicklung der Arbeit des Allgemeinen Sozialen Dienstes Von den zuständigen Behörden ist ein Projekt zur Organisationsentwicklung des Allgemeinen Sozialen Dienstes (ASD) eingesetzt worden. Ziel dieses Projekts ist es, die Tätigkeit des ASD fachlich stärker zu profilieren und durch organisatorische Maßnahmen abzusichern. 7. Welche der in dem Antrag (Drucksache 16/5079) beschlossenen einzelnen Ersuchen wurden wann und in welcher Form von welchen Stellen bereits umgesetzt? Welche Ersuchen sollen bis zu welchem Zeitpunkt und in welcher Form von welchen Stellen umgesetzt werden? Durch die Überarbeitung der Diversionsrichtlinien ist dem bürgerschaftlichen Ersuchen (Drucksache 16/5079, Nummer I.1) Rechnung getragen worden. Die von der Bürgerschaft in Nummer I.5 der Drucksache 16/5079 geforderte zeitliche Optimierung der Verfahren (Ermittlungsverfahren nicht länger als sechs Wochen, insbesondere Intensivtäter spätestens drei Monate nach der Tat angeklagt) wird vom Senat uneingeschränkt geteilt. Eine Stellungnahme des Senats hinsichtlich der Ersuchen zur Einrichtung einer Koordinierungsstelle für Diversionsmaßnahmen, zur Organisation des Personaleinsatzes bei der Jugendstaatsanwaltschaft, den Jugendgerichten und der Jugendgerichtshilfen und zu Konzeptionen der Arrestvollziehung (Drucksache 16/5079, Nummern I.3 und I.6 sowie III.) wird erarbeitet, ihre Vorlage bis zur Sommerpause 2001 ist angestrebt. Im Übrigen siehe Antwort zu 6.a) bis c). 8. In allen Bereichen der Jugendpolitik werden von der Kommission Personalknappheit, mangelnde Qualifizierung und fehlende finanzielle Mittel beklagt. Wie soll die Finanzierung für die Beseitigung der von der Kommission aufgezeigten Mängel der Hamburger Jugendpolitik sichergestellt werden? Der Aufgabenbereich „Jugendhilfe“ des Bezirksamtes muss grundsätzlich wie alle anderen Aufgabenbereiche zu Konsolidierungsmaßnahmen, insbesondere auch durch Stellenbewirtschaftung, zur Stützung des bezirklichen Personalkostenbudgets, beitragen. Vor dem Hintergrund der Konsolidierungsvorgaben in Personal- und Fachhaushalten haben die Bezirksämter Veränderungen/Verbesserungen durch gezielte fachliche und finanzielle Steuerung bewirkt. Dazu wurden interne Umschichtungen von Haushaltsmitteln, die Verschlankung/Verdichtung von Arbeitsvorgängen, flächendeckende Standanpassungen bei Einrichtungen zur Vermeidung von Schließungen vorgenommen. Erwirtschaftete HzE-Bonus-Mittel, Mittel für Modellprojekte und Schnittstellenprojekte werden zur Verbesserung der Jugendhilfeinfrastruktur eingesetzt. 9. Hält der Senat, nachdem die Mehrheit der Sachverständigen der Enquete-Kommission sich für eine pädagogisch-therapeutische Intensivbetreuung in Einrichtungen mit der Möglichkeit freiheitseinschränkender Maßnahmen ausgesprochen hat, die Einführung derartiger Einrichtungen in Hamburg für sinnvoll? Wenn ja, wann sollen derartige Einrichtungen geschaffen werden? Wenn nein, warum nicht? Wie beurteilt der Senat die Verbindlichkeit und die Kapazitäten der bisherigen Einrichtungen in Hamburg? Die Einführung von Spezialeinrichtungen mit einer pädagogisch-therapeutischen Intensivbetreuung und der zusätzlichen Möglichkeit zu freiheitseinschränkenden Maßnahmen im Rahmen der Jugendhilfe wäre nicht sinnvoll, da alle Erfahrungen dafür sprechen, dass diese Form der Unterbringung den in sie gesetzten Erwartungen nicht gerecht werden kann. Sie wäre mit der Gefahr verbunden, durch Ausgrenzungen die Probleme unlösbar zu machen, statt ihre Lösung zu befördern. Der Jugendhilfe in Hamburg stehen vielfältige Möglichkeiten zur Durchführung von Hilfen zur Erziehung auch in besonders schwierigen Fällen zur Verfügung. In den intensiv betreuten Wohngruppen des LEB stehen insgesamt sechs Plätze für Unterbringungen nach §§ 71/72 JGG zur Verfügung. Diese waren im Jahr 2000 durchschnittlich zu 87 Prozent ausgelastet. Die vorhandenen Kapazitäten reichen aus. Zu diesem Thema hat der Senat im Übrigen wiederholt und insbesondere bei Beratungen im Jugendund Sportausschuss im Herbst 1999 Stellung bezogen (vgl. Drucksache 16/3313). 10. Im Bereich der Häuser der Jugend sowie bei den Spielhäusern kam es im Rahmen von Konsolidierungsmaßnahmen der Bezirke zu Stellenreduzierungen. Erschwerend für die Arbeit der Häuser der Jugend wirkt, dass laut Drucksache 16/5122 17 Stellen dort vakant sind. Die Bezirksämter sind bemüht, die Verringerung des Stellenbestandes der Häuser der Jugend (HdJ) und der Spielhäuser so weit wie möglich zu vermeiden. Die Wiederbesetzung freiwerdender Stellen muss dabei allerdings auch von der Auskömmlichkeit der bezirklichen Personalbudgets abhängig gemacht werden. 10. a) Hält der Senat angesichts des Berichtes der Enquete-Kommission Konsolidierungsmaßnahmen noch für vertretbar? Wenn ja, warum? Wenn nein, warum nicht? b) Wird es im Jahr 2000 und 2001 zu weiteren Stellenreduzierungen oder anderen Konsolidierungsmaßnahmen im Bereich der Jugendpolitik kommen? Mit seinen Entscheidungen sowohl zum Haushalt 2000 als auch zum Haushalt 2001 hat der Senat die besondere Situation der Bezirksämter – nicht zuletzt im Bereich der offenen Kinder- und Jugendarbeit – berücksichtigt, indem er einen Entlastungs-Fonds festgelegt hat, auf dessen Grundlage nach Prioritätsgesichtspunkten über die Wiederbesetzung von Stellen in den Bezirksämtern im Umfang von 7


Drucksache 16/5498

Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 16. Wahlperiode

jeweils 1,35 Millionen DM entschieden werden kann. Vor diesem Hintergrund konnte im Jahre 2000 für 8,5 Stellen im Bereich der kommunalen Kinder- und Jugendfreizeitstätten nicht nur die Streichung vermieden, sondern deren Wiederbesetzung finanziell abgesichert werden. Für dieses Jahr hat die Bürgerschaft zudem den Senat ersucht, dafür Sorge zu tragen, dass rund 40 Prozent der für 2001 im Entlastungsfonds für die bezirkliche Aufgabenwahrnehmung zur Verfügung stehenden Mittel vorab dem Leistungsbereich der offenen Kinder- und Jugendarbeit/Jugendsozialarbeit (vgl. Abschnitt V. Nummern 1 und 2 der Drucksache 16/5079) zukommen. Im Jahre 2000 sind im Rahmen der Konsolidierung in Kinder- und Jugendeinrichtungen deshalb lediglich drei Erzieher-Stellen – je eineinhalb in Hamburg-Mitte und Harburg – gestrichen worden (vgl. auch Anlage 1 zur Drucksache 16/3230). Für das Jahr 2001 sind abschließende Entscheidungen, ob und in welchem Umfang dazu auch der Bereich der Kinder- und Jugendfreizeitstätten durch Stellenstreichungen beitragen muss, deshalb noch nicht gefallen. Dabei wird auch das bereits erwähnte bürgerschaftliche Ersuchen berücksichtigt. 10. c) Wann werden die freien Stellen in den Häusern wieder besetzt werden (bitte Aufschlüsselung nach den einzelnen Häusern)? Vakant sind derzeit nur noch insgesamt acht Stellen in kommunalen Häusern der Jugend; für ihre Wiederbesetzung bestehen folgende Planungen: Bezirk Hamburg-Mitte: Bezirk Hamburg-Nord: Eine freie Stelle für einen Sozialpädagogen im HdJ Mümmelmannsberg ist zur Nachbesetzung ausgeschrieben. Für eine Erzieher-Stelle im HdJ Alter Teichweg und eine SozialpädagogenStelle im HdJ Lattenkamp läuft das Nachbesetzungsverfahren; eine weitere Erzieher-Stelle im HdJ Alter Teichweg soll im zweiten Quartal 2001 wiederbesetzt werden. Für eine Sozialpädagogen-Stelle im HdJ Eberhofstieg ist die Planung noch nicht abgeschlossen. Für je eine halbe Erzieher-Stelle in den HdJ Farmsen und Großlohe-Süd stehen noch keine konkreten Nachbesetzungstermine fest. In diesem Jahr sollen vordringlich eine Erzieher-Stelle im HdJ Wilhelmsburg und eine halbe Erzieher-Stelle im HdJ Steinickestraße wiederbesetzt werden. Die Nachbesetzung einer halben Erzieher-Stelle im HdJ Krieterstraße wird angestrebt.

Bezirk Wandsbek: Bezirk Harburg:

11. Die Kommission hält es für dringend erforderlich, insbesondere den Allgemeinen Vollzugsdienst im Hinblick auf die notwendigen speziellen Belange des Jugendvollzuges weiter zu qualifizieren. Sollen spezielle Fortbildungsmaßnahmen entwickelt und durchgeführt werden? Wenn ja, wann, in welchem Umfang und Zeitrahmen, in welcher konkreten Ausgestaltung und wie hoch werden voraussichtlich die Kosten dafür sein? Wenn nein, warum nicht? Im Rahmen der Ausbildung des Allgemeinen Vollzugsdienstes (AVD) wird das Thema „Jugendkriminalität und Jugendvollzug“ als Schwerpunktthema intensiv behandelt. Sowohl im Fach „Psychologie/ Kriminalpsychologie“ als auch im Fach „Pädagogik/Vollzugspädagogik“ sowie im gesonderten Unterrichtsfach „Jugendrecht und Jugendvollzug“ werden die Besonderheiten der Entstehung von Jugendkriminalität und des Jugendvollzugs erarbeitet. Während der praktischen Ausbildung des Allgemeinen Vollzugsdienstes durchlaufen alle Anwärterinnen und Anwärter obligatorisch die Jugendanstalt Hahnöfersand als Ausbildungsstation. Dort wird die Ausbildung durch praxisbegleitenden Unterricht ergänzt. Auf diese Weise wird insgesamt gewährleistet, dass alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Allgemeinen Vollzugsdienstes von Beginn ihrer Tätigkeit an über umfassende Kenntnisse der Problembereiche „Jugendkriminalität und Jugendvollzug“ verfügen. Besondere Fort- bzw. Ausbildungslehrgänge für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Jugendvollzuges (so genannte vollzugsinterne Erzieherlehrgänge) werden seit 1985/86 nicht mehr durchgeführt, da die dort vermittelten Inhalte in die auf zwei Jahre verlängerte Ausbildung aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Allgemeinen Vollzugsdienstes (AVD) integriert wurden. Allen Bediensteten des Allgemeinen Vollzugsdienstes, auch denen im Jugendvollzug, werden allerdings regelmäßig zentral und dezentral, d.h. in der anstaltsinternen Fortbildung, Fortbildungsmaßnahmen mit dem Ziel angeboten, sie im Umgang mit aggressiven und psychisch auffälligen Gefangenen zu qualifizieren. Damit wird auch dem erhöhten Fortbildungsbedarf der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Jugendvollzuges hinsichtlich handlungsorientierter Themen wie Gesprächsführung, Konfliktregelungstechniken und Krisenmanagement Rechnung getragen. Im Zuge der mittelfristigen Fortbildungsplanung wird der Bereich Konfliktregelung/Konfliktbearbeitung als ein Schwerpunktthema berücksichtigt. 12. Aus dem Bericht der Kommission geht hervor, dass spezialisierte Einrichtungen im Jugendvollzug fehlen (z.B. Sonderschule, Drogentherapieeinrichtungen usw.). Sollen spezialisierte Einrichtungen im Jugendvollzug geschaffen werden? Wenn ja, wann, welche Art von Einrichtung und wie hoch werden die Kosten dafür sein? Wenn nein, warum nicht? Nein. Ein entsprechender Bedarf wird nicht gesehen. Auch die Enquete-Kommission hat nur die tatsächliche Situation sowie die Möglichkeiten und Grenzen des Jugendvollzuges beschrieben. Eine Empfehlung, z.B. spezialisierte Drogenhilfe-Einrichtungen, eine Sonderschule oder andere Jugendhilfeeinrichtungen auch innerhalb des Jugendvollzuges zu errichten, wurde nicht ausgesprochen. Im Übrigen wird mit spezialisierten Einrichtungen außerhalb des Vollzugs zusammengearbeitet.

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