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Radverkehrspolitik

29.07.2006

Herr Hesse,

mit Verwunderung habe ich in der "RadCity" 3/2006 des ADFC Ihre Antworten gelesen.

Wie passt es zusammen, dass sie auf der einen Seite behaupten, sich für eine Verbesserung des Radfahrens einsetzen zu wollen und auf der anderen Seite die Bettelampeln befürworten?

Warum ist es wichtig, dass ein Autofahrer möglichst schnell zur Arbeit bzw zu seiner Familie kommt, der radfahrende Arbeitnehmer aber ruhig etwas länger an der Bettelampel warten kann?

Ihre Bettelampel-Lobpreisung in der Radcity läßt darauf schließen, daß die Zeit eines motorisierten Vehrkehrsteilnehmers mehr Wert ist, als die von Radfahrern oder Fußgängern.Warum sollten Letztere diese Form von staatlicher Diskriminierung hinnehmen, in dem sie das Rotlicht beachten?

Wo bleibt da die gleichberechtigte Förderung _aller_ Verkehrsteilnehmer, also auch Fußgänger und Radfahrer?

Es ist sicher richtig, eine Mißachtung des Rotlichts grundsätzlich zu verurteilen, in dem Falle der Bettelampeln sollten sie es aber etwas selbstkritischer betrachten, ist es doch eine direkte Reaktion auf Ihre ach so tolle Verkehrspolitik.


Warum schafft es Hamburg nicht, die vorhandenen Radwege in einem benutzbaren Zustand zu halten, also in einem vergleichbaren Zustand wie die daneben verlaufende Fahrbahn? Manchmal würde schon ein Gärtner reichen.

Fahren sie regelmäßig mit dem Fahrrad (zur Arbeit, zum Einkaufen etc.), oder nur wenn es werbewirksam in der Presse veröffentlicht wird?

Gab es 1998 eigentlich einen ernsthaften Versuch, die Autofahrer über die Änderung der Radwegbenutzungspflicht zu informieren? Dies wäre der größte Beitrag zur Verbesserung der Sicherheit für Radfahrer, den Sie leisten könnten.
Nötigungen durch Autofahrer mittels Hupen, Beschimpfen und Überholen mit zu geringem Abstand sind der Normalfall, genauso wie die Nichtbeachtung von Vorfahrtsregelungen, wenn die Vorfahrt beim Radfahrer liegt. Sofern es mir gelingt, den jeweiligen Fahrer zur Rede zu stellen, so muß ich mir regelmäßig Anhören, ich dürfe als Radfahrer gar nicht die Fahrbahn benutzen und solle gefälligst den Radweg (falls keiner vorhanden: den Fußweg) benutzen, egal, ob dieser benutzungspflichtig ist, oder nicht.

Klaus-Peter Hesse antwortete am 01.08.2006

Sehr geehrter Herr,

vielen Dank für Ihre Mail.

Eine erfolgreiche Verkehrspolitik für Hamburg kann nur dann gelingen, wenn sich die Politik für alle Verkehrsteilnehmer einsetzt und hierbei berücksichtigt, wo welche Verkehrsströme sinnvoller Weise gelenkt werden sollten.

In den letzten Jahren wurden die Belange von Autofahrern in unserer Stadt ebenso wenig berücksichtigt, wie die in einer Stadt auch notwendigen Verkehrswegebeziehungen des nicht motorisierten Verkehrs. Die CDU trägt mit ihrer Politik für so genannte Schlauampeln auch dem berechtigten Wunsch vieler Hamburgerinnen und Hamburgern Rechnung, dass Hauptverkehrsströme möglichst auch auf Hauptverkehrs-, Ausfall- und Ringstraßen abgewickelt werden sollten. Dadurch werden Wohnquartiere entlastet und für den
Radverkehr attraktive Radwegebeziehungen durch verkehrsberuhigte Gebiete geschaffen. Konsequenterweise muss dann aber auch die Leistungsfähigkeit der Hauptverkehrs-, Ausfall- und Ringstraßen verbessert werden. Da mit baulichen Maßnahmen meistens nur noch punktuell die Leistungsfähigkeit von Kreuzungen erhöht werden kann, muss in Zukunft verstärkt auf ein intelligentes Verkehrsmanagement gesetzt werden. Diese Maßnahmen insbesondere mit verbesserten Ampelschaltungen auch für Autofahrer können und müssen getroffen werden.

Die Situation für Radfahrer sollte dahin gehend verbessert werden, dass es in Zukunft attraktive Radwegebeziehungen gibt, die nicht primär an den Hauptverkehrs-, Ausfall- und Ringstraßen laufen. Durch eine stärkere Entzerrung der motorisierten und nicht motorisierten Verkehrsteilnehmer können in Zukunft Konflikte verringert werden. Bei der Orderung nach Gleichberechtigung aller Verkehrsteilnehmer muss allerdings auch berücksichtigt werden, wer hauptsächlich für die Verkehrsinfrastruktur zahlt und wie hoch der Anteil der jeweiligen Verkehrsteilnehmer am Gesamtverkehr ist (modal split). Da die Anzahl der Fahrradfahrer in Hamburg stetig zunimmt, ist es aus meiner Sicht daher notwendig, auch dem wachsenden Anspruch der Radfahrerinnen und Radfahrer an eine verbesserte Infrastruktur gerecht zu werden. Wir werden daher überprüfen, bei welchen Radwegen Investitionen dringend notwendig sind.

Kein Verständnis habe ich für Missachtung des Rotlichts, denn hierdurch können schlimmste Unfälle resultieren. Allein 2005 gab es 115 von Radfahrern verursachte Unfälle durch Missachtung des Rotlichts an Ampeln. Dies ist nicht akzeptabel und kann und darf auch nicht schön geredet werden.

Der Zustand vieler Radwege in Hamburg ist tatsächlich ein wichtiges Thema, auch wenn ich Ihre Einschätzung nicht teile, dass die daneben verlaufende Fahrbahn häufig in einem besseren Zustand ist. Jahrzehnte lang wurde es in Hamburg von der SPD versäumt ausreichend finanzielle Mittel für die Instandhaltung von Straßen und Radwegen bereit zu stellen. Wir haben jetzt leider nicht mehr die Möglichkeiten sofort ausreichend finanzielle Mittel bereit zu stellen, um diese Versäumnisse der Vergangenheit zu beseitigen. Es wird daher eine Radverkehrskonzeption erstellt, mit welcher ein zielgerichteter Einsatz der finanziellen Ressourcen festgelegt werden soll.

Ich stimme Ihnen zu, dass es in der Öffentlichkeit kaum ein Bewusstsein über die Änderung der Radwegebenutzungspflicht 1998 gibt. Der von 1997 bis 2001 in Hamburg verantwortliche SPD/GAL-Senat hat sich einer grundsätzlichen Befassung mit diesem Thema entzogen und lediglich Schilder für Radwegebenutzungspflichten aufgestellt, ohne das diese häufig rechtlichen Ansprüchen gerecht wurden.

Mein Wunsch ist es, dass es zukünftig ein größeres Verständnis und Miteinander aller Verkehrsteilnehmer in Hamburg gibt. Ich selbst nutze neben dem Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) meinen PKW, mein Motorrad und gern auch mein Fahrrad, um meine Ziele zu erreichen. Die jeweilige Auswahl des Verkehrsmittels ist abhängig von der Terminlage und der Länge der zu bewältigenden Strecken.

Ich hoffe, dass ich alle Ihre Fragen zufrieden stellend beantwortet habe und auch ein größeres Verständnis für die neue Verkehrspolitik der CDU erlangt habe.

Mit freundlichem Gruß
Klaus-Peter Hesse