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Unbegleitete Fahren vor dem Erreichen des 18. Lebensjahres im Wege einer Ausnahmegenehmigung

24.01.2007

Sehr geehrter Herr Klaus-Peter Hesse,

ich habe eine Frage zum Thema Verkehr / Verkehrspolitik.

Ich bin noch nicht volljährig (17 Jahre alt) und habe ein Jahr in den USA verbracht, wo ich auch meinen Führerschein gemacht habe. Ich bin dann im Juni letzten Jahres aus den USA zurückgekehrt und konnte diesen Führerschein auch in Deutschland ohne Einschränkungen (sprich: allein) zum Fahren nutzen, vor allem um für meine Großeltern zu sorgen (sie können nicht mehr autofahren und müssen dementsprechend versorgt werden) und Computersysteme an Kunden auszuliefern (ich bin dabei ein Unternehmen im Bereich EDV-Beratung und -Support aufzubauen).

Dies funktioniert allerdings immer nur für ein halbes Jahr, danach musste ich den Führerschein umschreiben lassen und kann nun (nur noch) nach dem Hamburger Modellversuch "Begleitetes Fahren" begleitet fahren, was sich mehr und mehr als unglaublich umständlich in der Erledigung von Aufgaben und vor allem in der Auslieferung und Termineinhaltung (ein paar meiner bisherigen Kunden leben außerhalb Hamburgs), vor allem im Vergleich zu früher.

Ich habe mich also informiert und herausgefunden, dass für solche Fälle Ausnahmeregelungen nicht ausgeschlossen sind. Das LBV konnte mir in dieser Frage leider nicht weiterhelfen, da diesem kein Fall bekannt ist in dem dem Antragssteller alleiniges Fahren schon gestattet war und dementsprechend nur verlängert werden müsste.

Meine Frage ist nun ob Sie mir eventuell sagen könnten, an wen ich mich mit diesem Anliegen richten könnte, beziehungsweise ob Sie mir mit diesem Anliegen direkt helfen können.

Vielen Dank für Ihre Mühe,

Klaus-Peter Hesse antwortete am 05.02.2007

Sehr geehrter Herr,

vielen Dank für Ihre Mail. Ich habe mich in Ihrer Angelegenheit bei der zuständigen Behörde für Inneres kundig gemacht und folgende Stellungnahme erhalten:

Im Einzelnen:

Dem Anliegen des Anfragenden, ihm das unbegleitete Fahren vor dem Erreichen des 18. Lebensjahres im Wege einer Ausnahmegenehmigung zu gestatten, kann nach Prüfung der Rechtslage und Rücksprache mit dem LBV nicht entsprochen werden. Zur Rechtslage ist im einzelnen auf folgendes hinzuweisen:

Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 3 der Verordnung über internationalen Kraftfahrzeugverkehr ist der Inhaber einer ausländischen Fahrerlaubnis berechtigt, Fahrzeuge längstens sechs Monate nach Begründung des Wohnsitzes im Inland mit der ausländischen Fahrerlaubnis zu führen. Eine Verlängerung dieser Frist um sechs Monate kommt im Ausnahmefall auf Antrag nur in Betracht, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass er seinen ordentlichen Wohnsitz nicht länger als zwölf Monate im Inland haben wird. Von diesen Voraussetzungen für eine Ausnahmegenehmigung kann im vorliegenden Fall nicht ausgegangen werden, da der Anfragende äußert, dass er ein Unternehmen im Bereich EDV-Beratung und -Support aufbaue.

Nach Ablauf der sechs Monate nach Begründung des Wohnsitzes kann die Fahrerlaubnis ggf. in eine deutsche Fahrerlaubnis umgeschrieben werden, wenn die nach der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) erforderlichen Voraussetzungen hierfür vorliegen. Für die Erteilung der Fahrerlaubnis der Klasse B beträgt das Mindestalter gem. § 10 Abs. 1 Nr. 3 FeV 18 Jahre.

Ist das Mindestalter nicht erreicht, ist die Erteilung einer Fahrerlaubnis der Klasse B mit 17 Jahren nur in folgenden Fällen möglich:
- Teilnahme an dem Modellversuch "Begleitetes Fahren ab 17" Der Teilnehmer darf nur beleitet fahren. Ausnahmegenehmigungen von dieser Verpflichtung sind im Rahmen des Modellversuchs nicht möglich.


+ Erteilung der Fahrerlaubnis während oder nach Abschluss einer Berufsausbildung in den staatlich anerkannten Ausbildungsberufen "Berufskraftfahrer/Berufskraftfahrerin", "Fachkraft im Fahrbetrieb" oder in Ausbildungsberufen in denen vergleichbare Fertigkeiten und Kenntnisse vermittelt werden gem. § 10 Abs. 2 FeV

Diese Voraussetzungen werden vom Anfragenden nicht erfüllt.


+ Erteilung einer Ausnahmegenehmigung von den Vorschriften über das Mindestalter gem. § 74 Abs. 1 Nr. 1 FeV

Die Erteilung einer solchen Ausnahmegenehmigung kommt nur in Betracht, wenn im Einzelfall außergewöhnliche Umstände vorliegen, auf Grund derer ein Warten auf die Erreichung des Mindestalters für die Antragsteller eine unzumutbare Härte bedeuten würde. Dies wird z. B. angenommen, wenn für die notwendigen regelmäßigen Wege zum Berufsort keine öffentlichen Verkehrsverbindungen zur Verfügung stehen, die Benutzung eines Kraftfahrzeugs, für das das Mindestalter erreicht ist, nicht zugemutet werden kann und auch andere Personen den Betroffenen nicht fahren können. Die Betreuung hilfs- und pflegebedürftiger Angehöriger wird eine Ausnahmegenehmigung nur rechtfertigen können, wenn dafür Fahrten mit dem PKW erforderlich sind, die Betreuung durch andere Angehörige oder Dritte (Pflegekräfte) nicht sichergestellt werden kann und die medizinische Erforderlichkeit testiert wird.
Derartige Umstände sind vom Anfragenden nicht dargelegt worden.

Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass die Erteilung solcher Ausnahmegenehmigungen vom LBV und auch in anderen Bundesländern sehr restriktiv gehandhabt wird (es gab in den vergangenen Jahren beim LBV nur wenige Ausnahmefälle). Voraussetzung für die Erteilung ist immer die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens, das die Eignung des Bewerbers bestätigt.

Der LBV erhält regelmäßig Anfragen von Jugendlichen, die in den USA die Fahrerlaubnis erworben haben und die Umschreibung der ausländischen Fahrerlaubnis vor Erreichen des erforderlichen Mindestalters begehren. Diese Anfragen sind bislang immer abschlägig beschieden worden. Es sind - auch angesichts der Möglichkeit des begleiteten Fahrens ab 17 - keine Gründe ersichtlich, von dieser Praxis abzuweichen.

Diese Stellungnahme erscheint mir sehr schlüssig und es gibt daher aus meiner Sicht auch keine Notwendigkeit, gesetzlich Veränderungen vorzunehmen.

Ich wünsche Ihnen für Ihr Unternehmen viel Erfolg und stehe selbstverständlich auch für Nachfragen persönlich gerne zur Verfügung.

Mit freundlichem Gruß
Klaus-Peter Hesse